ASSESSMENT-CENTER – WIE ES
FUNKTIONIERT, WAS ES BRINGT

 


Ein Seminar, in dem Bewerber – aber auch eigene Firmen-Mitarbeiter, die befördert werden wollen – beobachtet und beurteilt werden. Viele Unternehmen setzen auf diese Testmethode. Unterschieden wird zwischen dem Gruppen- und dem Einzel-Assessment Center

 

Das Gruppen-Assessment Center

Ein Assesment Center dauert ein bis drei Tage. Acht bis zwölf Kandidaten nehmen daran teil. Personalfachleute und Führungskrfäte aus dem jeweiligen Unternehmen beobachten sie bei Rollenspielen und Fallstudien, die charakteristisch für künftige Arbeitssituationen und Aufgabenfelder sind.

Nutzen für das Unternehmen

- Auswahl potentialstarler Bewerber
- Erkennen bisher ungenutzter Fähigkeiten eigener Mitarbeiter
- Direkter Vergleich mehrerer Bewerber/ Mitarbeiter in identischen Arbeitssituationen

Nutzen für den Bewerber


- Feedback über persönliche Stärken und Schwächen
- Erleben von Alltagssituationen von anderen Bewerbern und Vergleich mit den eigenen Vorstellungen und Verhaltensmustern
- Einstellungs- und Beförderungsentschei-dungen werden leichter verstanden und gerechter erlebt

Das Einzel-Assessment Center


Es ist besonders für Bewerber für Top-Positionen im Management gedacht, denen nicht zugemutet werden soll, bei einer Gemeinschaftsveranstaltung mitzuwirken.
Der Nutzen für das Unternehmen bleibt erhalten: Die Übungen sind identisch, die Ergebnisse können mit denen anderer Kanidaten verglichen werden.
Lediglich eine Gruppendiskussion entfällt.

 

 

Assessment Center: Die sechs Bausteine

Postkorb

Frank M. (39) ist Chemiker. Er hat sich beworben, um Leiter des Unternehmens-bereiches Forschung zu werden.
Die Aufgabe: Der Bereichsleiter kommt gerade aus dem Urlaub. Der Korb auf seinem Schreibtisch ist mit 15 Dokumenten gefüllt. Diese muß er bearbeiten und die richtigen Entscheidungen.
Inhalt des Postkorbes:
- 5 Berichte über die Forschungsergebnisse von Mitarbeitern, die darüber mit ihm sprechen wollen.
- 1 Einladung zum Sektempfang anläßlich der Eröffnung einer neuen Produktionsanlage
- 3 Einladungen zu Forschungskongressen - - Die Kündigung eines Mitarbeiters
- 3 Angebote von Rohstofflieferanten für dringend benötigte Chemikalien
- 2 Briefe, in denen er gebeten wird, sich als Referent bei Veranstaltungen zur Verfügung zu stellen.
Zeitrahmen: Frank M. hat genau eine Stunde Zeit – dann muß er zu einer Geschäftsführer-Konferenz.
Häufiger Fehler: Der Bewerber beißt sich an einem einzelnen Vorgang fest, verplempert dadruch Zeit.
Richtige Herangehensweise:
- Erstes Querlesen der Unterlagen – liest er jedes Blatt intensiv, ist der Postkorb am Ende noch halb voll.
- Sortieren nach Sachgebieten. Wichtiges von unwichtigem trennen
- In einem vernünftigen, ausgeglichenen Verhältnis Entscheidungen treffen: Zusage oder Absage der Referenten-Bitten und der Forschungskongresse
- Eigene Maßnahmen einleiten: Er bitten persönlich per Telefon den Mitarbeiter, der gekündigt hat, nach der Geschäftsführerkonferenz zu einem Gespräch zu ihm zu kommen.
- Aufgaben delegieren: Er beauftragt seinen Stellvertreter für ihn zu dem weniger wichtigen Sektempfang zu gehen und die Lieferanten-Angebote zu prüfen. Seine Sekretärin bittet er, Termine mit den Mitarbeitern zu vereinbaren, die mit ihm sprechen wollen.
Hier zeigt sich, ob Frank M. nur eine gute Fachkraft oder auch eine gute Führungskraft ist.
Nach Ablauf der 60 Minuten fragt der Personalberater ab, welches die entscheidenden Probleme im Postkorb waren, stellt fest, ob Frank M. die Gesamtproblematik begriffen hat.
Seine Ergebnisse muß er auch vor dem Beobachter-Team verbal darstellen.

Analytische Übung

Carsten S. (40) ist Betriebswirt. Er hat sich bei einer Bank für die Stelle des Filialleiters beworben.
Die Aufgabe: Carsten S. soll prüfen, weshalb es mit einer Zweigstelle laufend bergab geht: Die Kunden beschweren sich, kündigen Konten, Anlagevolumen und Rendite sind dramatisch gesunken. Er soll ein Konzept zur Erhaltung der Filiale entwickeln.
Zeitrahmen: Etwa 50 Seiten Unterlagen stehen ihm zur Verfügung. Wieder hat er eine Stunde Zeit.
Häufiger Fehler: Zu intensive Konzentration auf Einzelprobleme, mangelndes Erkennen der entscheidenenden Punkte.
Richtige Herangehensweise: Die Hubschrauber-Perspektive. Er muß sich als Außenstehender einen Überblick über die Ursachen der Misere verschaffen und Lösungsvorschläge machen. Wichtiges Hilfsmittel ist ein Textmarker. Dazu ein Blatt Papier, auf dem Lösungsansätze sofort stichwortartig festgehalten werden.
Anschließend trägt er seine Ergebnisse dem Beobachter-Team vor. Dabei wird zusätzlich getestet, ob er Durchsetzungskraft hat. Kommt von einem der Beobachter, die den Vorstand der Bank darstellen, etwa die provozierende Bemerkung „Ach wissen Sie, ein anderer Experte hat uns empfohlen, die Filiale ganz zu schließen“, muß Carsten S. spontan mit guten Argumenten sein Konzept zur Erhaltung der Filiale verteidigen.

Präsentation


Thomas F. hat sich um die Stelle des kaufmännischen Geschäftsführers eines großen Fußballclubs beworben.
Die Aufgabe: Ihm wird das Thema „Wie erreiche ich eine hohe Vereinstreue bei der Jugend“ gestellt. Er bekommt keine Unterlagen. Mit Flip Chart und Overhead-Projektor die Maßnahmen der Gruppe zu präsentieren, mit denen er das Ziel erreichen will.
Zeitrahmen: lediglich eine Stunde Vorbereitungszeit.
Haufiger Fehler: Langweilige Präsentation wegen mangelnder Phantasie
Richtige Herangehensweise: Wichtig ist nicht allein die formale und Inhaltliche Qualität der Präsentation. Er muß Agenda und Vorgehensweise mit Hilfe von konkreten, nachvollziehbaren Vorschlägen darstellen.
Z. B.: Die Organisation von Jugendreisen und den Ferien, Kinderfesten für die F- und D-Jugend, Einbeziehung der Eltern ins Vereinsleben, psychologische Schulung der Tainer und Betreuer, die die Jugendlichen nur halten können wenn sie sich ihnen als Freunde darstellen. Dazu sollte er Fehler, z. B. einseitige Leistungsorientierung bei Jugendmannschaften oder brutale Trainingsmethoden aufzeigen.
Die Beobachter stellen Geschäftsführer und Vorstände dar, die zwischendurch kritische Fragen stellen.
Dabei kommt es darauf an, daß Thomas F. einerseits seine Ideen offensiv vertritt, andererseits aber auch Gegenargumente einbezieht, Kompromißfähigkeit zeigt.
Und: Er darf trotz häufiger Unterbrechungen und Kritik den roten Faden nicht verlieren, sich nicht aus dem Konzept bringen lassen – denn eine Führungskraft, die bei einer Präsentation ins Stottern gerät, ist eine Katastrophe.

Rollenspiel

Rolf R. hat sich für die Position eines Vertriebsleiters beworben, die besondere Führungsqualitäten verlangt.
Ausgangssituation: Beim Rollenspiel ist der Personalberater in der Rolle des Mitarbeiters.
Beispiel: Er stellt einen Vertriebsmitarbeiter dar, der ungeachtet seiner hohen Fachkompetenz in einer schweren Krise steckt. Umsatzrückgang trotz häufiger Kundenbesuche, Beschwerden von Kunden, die sich nicht gut genug betreut fühlen. Außerdemstehen seine Kollegen ihm kritisch gegenüber – und er soll mit ihnen auch noch im Team an einem Projekt zusammenarbeiten.
Die Aufgabe: Der Teilnehmer des Assessment Centers muß Fragen stellen, kritische Punkte klar ansprechen, darf sich nicht auf Nebenkriegsschauplätze ziehen lassen.
Zeitrahmen: 20 Minuten
Häufiger Fehler: Ausüben und zuviel Druck. Der ohnehin verunsicherte Mitarbeiter wirde in eine Inqusitions-Situation gebracht, die ihm keinen Ausweg mehr läßt.
Richtige Herangehensweise: Die Probleme des Mitarbeiters müssen analysiert werden. Z. B. ist zu hinterfragen, ob er familiäre Probleme hat, er in einer finanziellen Krise steckt, fühlt er sich von Kollegen ungerecht behandelt. Erst wenn die Ursachen ermittelt sind ist Hilfe durch Vereinbarung konkreter Maßnahmen möglich. Motivation statt Mobbing.
Das Ziel verfehlt hat der Assessment-Kandidat, wenn der Personalberater an irgendeinem Punkt sagt: So, nun habe ich die Faxen dicke, ich kündige.“ Grund: Er war dann nicht zur Mitarbeiter-Motivierung in der Lage, hat keine ausreichenden. Führungsqualitäten demonstriert.

Gruppendiskussion


Die Bewerber haben sich für Führungsposition in Vertrieb und Verwaltung einer Versicherungsgesellschaft beworben.
Dies ist die einzige Übung, die alle Teilnehmer gemeinsam durchführen. Die Assessment Center-Gruppe bekommt z. B. Unterlagen über eine Hausrat- und eine Haftpflicht-Versicherung.
Die Aufgabe: Die Gruppe soll gemeinsam eine Konzept für ein für den Kunden interessantes Paket aus beiden Versicherung entwickeln.
Zeitrahmen: 15 Minuten dauert die Vorbereitungszeit zum Lesen der Unterlagen. Es folgt eine Frist von 35 Minuten, in der die Gruppe die Möglichkeiten eines solchen Versicherungs-paketes diskutiert und es entwickelt.
In einem engen Zeitraum von zehn Minuten müssen alle dann gemeinsam ihre Ergebnisse präsentieren.
Häufiger Fehler: Einzelne Kandidaten versuchen, die anderen in der Diskussion an die Wand zu spielen, drängen sich in den Vordergrund.
Richtige Herangehensweise: Eine faire Diskussion, die jedem die Möglichkeit gibt, sich einzubringen und ein echtes Gemeinschaftsergebnis erbringt.
Der Personalberater und die Beobachter der Firma bewerten die Teamfähigkeit der einzelnen Teilnehmer.

Persönlichkeits-Fragebogen


Als Ergänzung zu den fünf Übungen füllt jeder Teilnehmer einen Fragebogen mit 168 Aussagen aus, bei denen er jeweils „Richtig“ oder „Falsch“ ankreuzt.
Die Aufgabe: Eine Selbsteinschätzung, die dem Psychologen bei der Erstellung eines Persönlichkeitsprofils hilft.
Zeitrahmen: Keiner. Sie nehmen den Fragebogen mit uns schicken ihn per Post an den Peronalberater zurück.
Häufiger Fehler: Mogeln bei den Antworten. Dumm und sinnlos. Der Psychologe merkt es auf jeden Fall. Zu einen kennt er den Bewerber bereits aus den fünf Übungen, zum anderen gibt keine perfekten Menschen.
Richtige Herangehensweise: Nur ehrliche Antworten machen Sinn. So zeigen Sie, daß Sie nicht nur eine gesundes Selbstvertrauen haben, sondern auch die Fähigkeit, sich selbst realistisch einzuschätzen. Da Sie den Fragebogen mit nach Hause nehmen können, zeigen Sie die Antworten doch ruhig mal Ihrem Partner/Ihrer Partnerin oder einem Freund - so können Sie überprüfen, ob Sie mit Ihrer Selbsteinschätzung richtig liegen.
Themenkomplexe: Abgefragt werden aus dem Bereich „Soziale Kompetenzen“ Kontaktstärke, soziale Sensibilität, Begeisterungsfähigkeit, Konfliktbereitschaft, Individualismus, Teamorientierung und Ausgeglichenheit, aus dem Bereich „Motive und Einstellungen“ Leistungsmotivation, Pragmatismus, Initia-tive, Risikobereitschaft, Taktik, Flexibilität und Einflußnahme.

10 typische Beispiele
aus dem Fragebogen

- Ich habe ein dichtes Netzwerk beruflicher Beziehungen geknüpft
- Wenn ich keine anspruchsvollen Ziele gesetzt bekommen, setze ich mir selbst welche
- Wer seine beruflichen Ziele anderen transparent macht, ist naiv
- Es gibt eine große Menge an Themen, für die ich mich begeistern kann
- Berufliche Rückschläge haben mich nie nachhaltig belastet
- Manchmal schiebe ich Probleme lieber auf, als sie direkt zu bearbeiten
- Ich gebe nicht schnell auf, wenn ich starken Gegenwird verspüre
- Ich bemerke deutlich schneller als andere, wenn in unserem Team Konflikte in der Luft liegen
- Es bedeutet mir viel, von anderen Menschen gemocht zu werden.
- Nach den jeweiligen Erfordernissen passe ich mein Verhalten sehr flexibel unterschiedlichen Situationen an.